Dienstag, der 4. Mai 1869:
Vorfreude auf das erste Aquarium Berlins
(Berliner Stadtentwicklung)
Im Mai 1869 warf die Eröffnung des ersten Berliner Aquariums am Standort Unter den Lindern 68 ihre Schatten voraus. In den 1860er-Jahren war in Berlins Bürgertum der Wunsch entstanden, neben dem 1844 eröffneten Zoologischen Garten, auch ein für die preußische Hauptstadt repräsentatives Aquarium beherbergen zu wollen.
Der Zoologe Alfred Brehm (1829–1884), der von 1863 bis 1866 Direktor des Zoologischen Gartens in Hamburg gewesen war, beteiligte sich intensiv an den Vorbereitungen und wurde der erste Direktor des am Standort Unter den Linden Ecke Schadowstraße eröffneten Vivariums, das seinen Besuchern neben Schlangen-, Krokodil-, und Schildkrötengrotten, auch eine geologische Grotte, eine Süßwassergalerie und ein Vogelhaus bot und die Berliner mit Felsentor, Bibergrotte und Meeresaquarien in seinen Bann zog.
Die Berliner Gerichtszeitung stimmte am 4. Mai 1869 – wenige Tage vor der offiziellen Eröffnung am 11. Mai – noch einmal auf die Attraktion ein:
„Zur Freude unsrer Leser können wir nun mittheilen, daß Bau, Ausrüstung, Ausschmückung und Füllung des Aquariums so weit vollendet ist, als es bei der Großartigkeit der Anlage und der Ungunst der Witterung nur irgend möglich war“,
schrieb der Redakteur der Zeitung.
„Mit Ausnahme zweier größerer Becken sind alle Bassins und Käfige reich bevölkert, die Fische tummeln sich im Süß- wie im Salzwasser und die Vögel singen und brüten, daß es eine Lust ist. Der Anblick der Volière ist von wahrhaft berauschender Wirkung und das Auge wird von Farbenpracht geblendet.“
Das Aquarium wurde trotz anfänglicher Schwierigkeiten, die die Qualität des künstlich hergestellten Meerwassers betraf, ein voller Publikumserfolg. Bis zu seiner Schließung im September 1910 war das Aquarium eine beliebte Ausflugsstätte in Berlin mit immer neuen Attraktionen – so wurde 1876 beispielsweise den Hauptstädtern der erste lebende Gorilla präsentiert. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte es aber in der Konkurrenzsituation zum Zoologischen Garten an Anziehungskraft verloren und mit dem Tod des letzten Direktors, des ehemaligen Apothekers, Zoologen und Mitglieds des deutschen Reichstags Otto Hermes (1838–1910) war das Aus der Institution besiegelt. Am 30. September 1910 schloss das Aquarium Unter den Linden für immer seine Pforten für Besucher. Der Tierbestand ging zum größten Teil an Aquarien in Leipzig und Frankfurt am Main.
——
Biographische Zusammenstellung / Autor: Anika Kosfeld
Lektorat: Daniel Funke
——
Quellen:
- Berliner Gerichtszeitung: Zeitschrift für Criminal-, Polizei- und Civilgerichtspflege des In- und Auslandes. Meldung „Über den Termin zur Eröffnung des Aquariums“. Ausgabe 50/1869 vom 4. Mai 1869, S. 2.
- Heinz-Georg Klös / Hans Frädrich / Ursula Klös: Die Arche Noah an der Spree, Berlin 1994.