Dienstag, der 13. Mai 1873:
Leichenräuber auf freiem Fuße
(Preußische Kriminalgeschichten)

Das Schriftstellerpaar Achim von Arnim (1781–1831) und Bettina von Arnim (1785–1859), als Dichter ihrerseits bedeutende Vertreter der deutschen Romantik, lebten seit 1811 gemeinsam in Wiepersdorf und Berlin. Auf dem Gelände ihres ehemaligen Wohnsitzes auf Schloß Wiepersdorf befindet sich noch heute das Arnimsche Familiengrab mit den Gräbern von Achim und Bettina von Arnim. Diese Grabanlage dürfte auch der Leserschaft der Berliner Gerichtszeitung vom 13. Mai 1873 ein Begriff gewesen sein, die einen kurz zuvor zugetragenen Fall von Grabräuberei erneut aufgriff und ein Schlaglicht auf die mutmaßlich Schuldigen warf: „Der Leser erinnert sich eines von uns mitgetheilten Leichenraubes in dem Arnimschen Familienbegräbnis“, so der Auftakt der Meldung.

„Als die Urheber dieses Verbrechens wurden zwei Individuen Namens Schiller und Matthias in Haft genommen.“

Die beiden Beschuldigten wurden, wie die Zeitung weiter fortfuhr, in Untersuchungshaft in das Gefängnis zu Genthin (heutiges Sachsen-Anhalt) überführt. Allerdings blieben die beiden nicht lange in der Haftanstalt, sondern nutzten die erste Gelegenheit zur Flucht und sind aus dem „Kreis-Gefängnis zu Genthin, wo sie in Untersuchungshaft saßen, ausgebrochen.“ Anstatt sich nach dem gelungenen Ausbruch unauffällig zu verhalten und das Weite zu suchen, verübten die Verdächtigen – so mutmaßt zumindest der Redakteur der Berliner Gerichtszeitung auf der Grundlage von Berichten und Meldungen verunsicherter Anwohner – in der Region neue Straftaten:

„Die Flüchtlinge treiben sich zum Entsetzen der dortigen Landbevölkerung in jener Gegend umher und haben ihre Freiheit bereits zu neuen Diebstählen benutzt.“

Das weitere Schicksal des gesuchten Diebespaares auf der Flucht, Schiller und Matthias, ist nicht überliefert. Sollten sie der Obrigkeit in die Hände gefallen sein, so drohten ihnen empfindliche Strafen. So sah das Preußische Strafgesetzbuch von 1871 auf Diebstahl (§ 243) Zuchthausstrafen von bis zu zehn Jahren vor, wenn nach Absatz 8 „zu dem Diebstahle Mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben.“

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Biographische Zusammenstellung / Autor: Josefine Gärtner
Lektorat: Daniel Funke

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Quellen: